#95: Generationsmythen: von Baby Boomer bis GenZ
Shownotes
95: Generationsmythen: von Baby Boomer bis GenZ
Mit: Arbeitsmarktforscher Prof. Enzo Weber
Die Arbeitswelt ist im Wandel und mit ihr die Diskussionen über Generationen, Wertewandel und die Zukunft des Arbeitsmarkts. Mit Arbeitsmarktforscher Prof. Enzo Weber räumen wir mit gängigen Mythen rund um Babyboomer, Millennials und Generation Z auf. Er liefert wissenschaftlich fundierte Einblicke, wie sich Generationen tatsächlich unterscheiden, welche Herausforderungen und Chancen der demografische Wandel birgt und wie Unternehmen und Gesellschaft darauf reagieren können.
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Die nächste Folge der WESTside Stories erscheint am 17. Dezember 2025.
Gast: Prof. Enzo Weber
Moderation: Christiane Preisen
Redakteurinnen: Jasmin Roussel, Marie Demmer
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Christiane Preisen: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge der West Side Stories, dem Podcast der Menschen in unserem Unternehmen und drumherum eine Stimme gibt. Ich freue mich, dass ihr eingeschaltet habt. Mein Name ist Christiane Preisen und ich bin die Moderatorin. Heute geht's um das Thema Generationsmythen. Wir alle haben ja ab und zu so klischeehafte Denkmuster im Kopf. Also zum Beispiel. Generation im Arbeitsleben. Ihr habt das bestimmt alle schon mal gehört. Ach, die Jugend von heute, die will doch gar nicht mehr richtig arbeiten. Oder diese Millennials, die sind alle so sensibel. Oder die Babyboomer, Das sind die richtigen Arbeitstiere, so richtige Workaholics. Doch welche von diesen Floskeln stimmen überhaupt? Müsste man da nicht einfach mal genauer hinschauen? Und wie wird auch der Arbeitsmarkt in Zukunft aussehen? Und was braucht es eigentlich für eine sichere Wirtschaftslage. Und dazu haben wir den Arbeitsmarktforscher und Wirtschaftswissenschaftler Professor Enzo Weber von der Universität Regensburg eingeladen. Er leitet den Forschungsbereich Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen am IAB. Das ist das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung. Und er ist Inhaber des Lehrstuhls für Empirische Wirtschaftsforschung an der Uni Regensburg.
Christiane Preisen: Und er ist bekannt aus Funk und Fernsehen. Und er ist uns heute per Telefon zugeschaltet. Hallo, Herr Professor Weber. Schön, dass Sie da sind.
Enzo Weber: Hallo, Frau Preisen. Schön, dabei zu sein.
Christiane Preisen: Herr Professor Weber, ich habe Sie eben schon ganz kurz vorgestellt. Aber sagen Sie doch noch mal gerade Was genau machen Sie eigentlich als Wirtschaftswissenschaftler?
Enzo Weber: Wir beschäftigen uns im Grunde mit den großen Themen, die Wirtschaft und Arbeitsmarkt betreffen. Da kann man im Grunde jeden Tag in die Zeitung gucken, wie die Wirtschaftskrisen, die wir jetzt seit Jahren leider in steter Abfolge haben die künstliche Intelligenz selbst den Arbeitsmarkt um Demografie. Wir schrumpfen in Deutschland immer mehr. Die Arbeitsmarktreformen spielen eine Rolle, Bürgergeld und Co. Wir stecken in einer wirtschaftlichen Transformation. Es geht natürlich auch um die Konjunktur. Um Prognosen. Also. Dazu machen wir Forschung, da wollen wir Erkenntnisse sammeln. Aber da geht es auch darum, wirklich mit Politik zu kommunizieren, um da Zusammenhänge darzulegen, Dinge zu erklären, dann auch Vorschläge zu machen, Gestaltungsvorschläge mit der Praxis zu sprechen und dann auch die Öffentlichkeit zu informieren.
Enzo Weber: Also all das sind auch unsere Aufgaben. Da hat man also mehrere Jobs in einem, aber das macht es auch interessant.
Christiane Preisen: Ja, klingt auch total spannend. Also viel zu tun. Deswegen sind wir noch froher, dass Sie heute hier bei uns sind. Und wir wollen ja heute über das Thema Generation und Generationsmythen sprechen. Was bedeuten denn eigentlich Generationen und welche gibt es da überhaupt?
Enzo Weber: Also eine Generation mit dem Board ist man immer schnell bei der Hand. Aber eigentlich ist eine Generation mehr als eine Altersgruppe. Eine Generation sind nicht einfach nur die jungen Leute von heute oder so, das ist eine Altersgruppe, sondern eine Generation muss sich, wenn man es wissenschaftlich betrachtet, auszeichnen durch irgendein bestimmtes Merkmal, was wirklich charakteristisch ist und prägend für diese Altersgruppe, dass man da ganz groß teilt und dass diese Altersgruppe auch absetzt von anderen Menschen, die zur selben Zeit zum Beispiel leben, dann kann man wirklich von einer Generation sprechen. Wissenschaftlich umgangssprachlich ist man natürlich mit Bezeichnungen von Generationen immer sehr schnell dabei. Also da gibt es die berühmten Babyboomer, die jetzt gerade dabei sind, in Rente zu gehen.
Enzo Weber: Das war also die erste große Nachkriegsgeneration. Und dann gibt es die ganzen Buchstaben XY. Zuletzt die große Diskussion um Generation Z, Also ob diese Buchstaben dann immer so gerechtfertigt sind, ist die andere Frage. Aber so werden sie öffentlich diskutiert.
Christiane Preisen: Sie sagten ja, gerade das, was eigentlich eine Generation ausmacht, ist gar nicht diese Zeitspanne, in die sie einsortiert wird, sondern dieses besondere Merkmal. Und das ist dann auch wissenschaftlich belegt, dieses Merkmal, oder wie können wir uns das vorstellen?
Enzo Weber: Genau dann kommt die Frage also eine Altersgruppe, die finden Sie leicht. Da müssen Sie einfach nur alle Leute angucken, die ja in einer bestimmten Zeitspanne geboren sind, dann haben sie die. Aber ob diese Altersgruppe wirklich auch anders denkt, zum Beispiel als andere Menschen zum selben Zeitpunkt oder als jüngere Menschen, die vielleicht vor 20 Jahren in dem Alter waren. Das ist dann die große Frage. Und da zeigt sich wissenschaftlich doch, dass es mit vielen Generationszuschreibungen oft einfach nicht so weit her ist. Weil man feststellt okay, Jüngere sind natürlich anders als Ältere, aber Jüngere waren auch früher anders als Ältere.
Enzo Weber: Und was war jetzt eigentlich wirklich der substanzielle Wandel? Und da sollte man vielleicht drüber sprechen.
Christiane Preisen: Da würde ich auch gerne einsteigen, weil ich finde, es war ganz spannend zu erfahren, weil man sagt Ja, wenn wir jetzt anfangen, zum Beispiel bei den Babyboomern, das waren so die richtigen Arbeitstiere und heute geht es eigentlich nur noch um Freizeit bei den jüngeren Generationen. Also kann man wirklich sagen, dass es da einen Wertewandel gegeben hat.
Enzo Weber: Also einen Wandel hat es definitiv gegeben. Der ist ja auch überall spürbar heute. Also die Lebensverhältnisse sind zum Beispiel ganz andere. Vor Jahrzehnten, da hatten wir noch das Alleinverdiener Modell oder Hausfrauenmodell, das gehört heute der Vergangenheit an! Also beide in einer Partnerschaft sind normalerweise im Arbeitsmarkt aktiv. Wir hatten den Corona Schock. Die heutige junge Generation ist die erste, die mit diesem Schock in den Knochen, sozusagen in den Arbeitsmarkt eingetreten ist, der ja viel umgewälzt hat, auch an Arbeitsstandards. Angefangen bei der ganzen HomeofficeAusweitung. Arbeitskräfte waren lange immer knapper geworden. Das kannte man aus Zeiten der Massenarbeitslosigkeit, aus den Zweitausender nicht.
Enzo Weber: Plötzlich konnte man was fordern, was früher völlig undenkbar gewesen wäre. Der Punkt ist nur, dass alles, was ich gerade genannt habe, das betrifft, nicht nur eine Altersgruppe. Das betrifft nicht nur die Jüngeren, nicht nur die Generation Z. Sondern das haben viele durchgemacht und man neigt leicht dazu, dann an der Generation Z zum Beispiel alles festzumachen, weil man sagt okay, das ist die junge Generation und die neue Zeit ist anders. Also wird das ja wohl an den jungen Leuten hängen. Und übersieht dabei völlig, dass die 40, 50 und 60-jährigen heute auch anders sind und anderen Bedingungen ausgesetzt sind. Das heißt, eine Altersgruppe ist auch immer ein Kind ihrer Zeit. Es ist nicht immer nur so, dass jetzt zum Beispiel. Generation Z alles Umwelt, sondern sie ist auch einfach anderen Bedingungen ausgesetzt und reagiert dann natürlich darauf.
Christiane Preisen: Steigen wir mal ein bei den Generationen. Vielleicht nehmen wir die beiden Jüngsten. Sie haben es gerade schon angesprochen, oder die nächste ist dann ja Alpha. Welchen Mythen begegnet man dort? Und sind die wirklich gerechtfertigt?
Enzo Weber: Also die ganz großen Diskussionen, die werden heute natürlich auch über Social Media dann kolportiert.
Enzo Weber: Und da haben doch zumindest einige Vertreter der Generation Z. Auch selber dafür gesorgt, dass ihre Generation jetzt nicht im besten Licht dasteht. Also das heißt, sie wollen nicht mehr arbeiten. Sie ziehen sich überall raus. Sie sind weniger engagiert. Sie sind ständig nur ein Sabbatical. Sie sind auch schnell wieder weg, wenn es ihnen nicht passt. Und so weiter und so fort. Wenn man dann und das ist ja unser Vorteil wir können dann tatsächlich auf die Daten schauen. Wir müssen keinen Erzählungen glauben, sondern wir können einfach mal nachgucken, was richtig ist. Und da findet man zum Beispiel junge Leute unter 25, heute zum Beispiel. Sie beteiligen sich so häufig am Arbeitsmarkt wie eine junge Generation seit Jahrzehnten nicht mehr. Sie sind so fleißig wie junge Leute seit Jahrzehnten nicht mehr. Anders ausgedrückt Auch wenn man auf die Arbeitszeitentwicklung schaut Ja, so die ganz langen Arbeitsstunden, so über 40 Stunden, das ist heute nicht mehr so gewünscht, da wollen die Menschen tendenziell eher weniger. Aber das unterscheidet sich bei den Jungen überhaupt nicht von den Älteren.
Enzo Weber: Also die Arbeitszeittentwicklung ist da genau parallel. Wir haben auch mal versucht, so das Engagement im Job zu messen. Also ist da einer wie Quiet Quittor oder so, macht Dienst nach Vorschrift. Und wenn man das versucht, so fragebogenbasiert, dann stellt man fest Ja, Engagement ist schon zurückgegangen. Ist auch schwierig. Aber die Jungen haben eigentlich sogar ein bisschen besser abgeschnitten als die Älteren.
Christiane Preisen: Ja.
Enzo Weber: Und dann kann man sich die Jobwechsel anschauen. Angeblich sind die jungen Leute ja immer gleich wieder weg und überhaupt nicht mehr zu halten. Aber da stellt man fest Ja, junge Leute wechseln häufiger als ältere. Das war aber früher schon exakt genauso. Ist ja auch klar, man ist noch nicht so etabliert. Noch nicht so angekommen. Häufig vielleicht auch noch befristet. Also die jungen Leute wechseln heute wie junge Leute früher auch.
Christiane Preisen: Es gab ja auch schon immer den Spruch Die Jugend von heute, der zieht sich ja auch durch alle Generationen.
Enzo Weber: Da ist schon was dran. Das ist das typische Verhältnis von Altersgruppen, von der älteren Altersgruppe und der jüngeren Altersgruppe.
Enzo Weber: Dieses Verhältnis hat es schon immer gegeben und dann ist halt wirklich entscheidend. Wo sind dann die Umwälzungen unserer neuen Zeit? Und da scheint es so zu sein, dass sehr wohl welche gibt. Das hatten wir gerade besprochen. Aber dass nicht unbedingt Revolution der Generation Z. Dahinter steckt, sondern da steckt sehr viel mehr dahinter. Und das geht auch nicht immer nur in Richtung weniger Arbeiten, sondern zum Beispiel vor allem in Richtung selbstbestimmter Arbeiten. Das ist heute eigentlich der Punkt.
Christiane Preisen: Einen kleinen Exkurs. Wir sprechen ja auch darüber, dass in Deutschland eigentlich so wenig Arbeitsstunden geleistet werden wie in kaum einem anderen Land in Europa. Und das hängt ja vor allem auch an dem Thema Teilzeit. Und ganz oft ist es ja auch heute noch so. Also Familien gründen in den dreißiger Lebensjahren ungefähr Hausbauen, sesshaft werden usw. Sie hatten es eben auch schon mal kurz angesprochen, dass es ja auch heute ganz oft ist, dass beide arbeiten. Meistens wird die Elternzeit aber trotzdem klassischerweise von Frauen genommen, die dann mit reduzierter Stundenanzahl wieder in den Job gehen.
Christiane Preisen: Wie hoch ist denn der Anteil wirklich? Und sind das tatsächlich vorwiegend diese Frauen nach der Elternzeit in Anführungsstrichen? Oder gibt es auch andere Gruppen, wo sie das erkennen können?
Enzo Weber: Also die Teilzeitquote, die hat gerade in der Tat eine historische Marke erreicht. Wir sind jetzt über 40 %. Über 40 % Teilzeit. Das hat es noch nie gegeben. Das war in den 90er noch deutlich unter 20. Also da hat sich wirklich viel geändert. Und ja, die Teilzeitquote ist unter Frauen sehr, sehr hoch. Unter Männern ist sie auch gestiegen, muss man sagen, aber da ist sie sehr viel niedriger. Und was wir zum Beispiel auch sehen. Immer mehr Studierende arbeiten also, da haben die Erwerbsquoten enorm zugenommen und die arbeiten natürlich nicht Vollzeit, sondern die machen ja Vollzeit ihr Studium und arbeiten dann nebenbei. Das heißt, sie gehen auch alle in eine höhere Teilzeitquote rein. Wenn man jetzt schaut, was sind die Gründe, sich für Teilzeit zu entscheiden? Versus Vollzeit, also die absolute Nummer eins Familiäre Verpflichtungen. Und das findet man vor allem bei Frauen.
Enzo Weber: Das ist da wirklich der allerwichtigste Grund. Und genau da kann man dann auch ansetzen. Es gibt auch andere Gründe. Also in der Teilzeit kann natürlich alles Mögliche stehen. Eine kleinere Gruppe sagt auch ich finde einfach keine Vollzeitstelle. Das ist aber wirklich nicht überwiegend und ist über die Zeit auch weniger geworden. Manche sagen auch ich will das halt einfach so, warum soll ich denn 40 Stunden arbeiten, nur weil irgendjemand in 40 Stunden mal den Namen Vollzeit verpasst hat? In meinem Leben sind 30 besser fertig. Das ist mein Wunsch. Das gibt es natürlich.
Christiane Preisen: Und aus Sicht der Arbeitsmarktforschung ist denn eine hohe Teilzeitquote unbedingt schlecht? Oder wie ist das einzuschätzen?
Enzo Weber: Das finden wir in der öffentlichen Debatte immer so Wir müssen alle mehr arbeiten, sagt der Kanzler. Na gut, dann schauen wir mal hin. Die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt, die ist über die Jahre enorm gestiegen. Also heute sind wir bei Erwerbsquoten von Frauen, die von denen der Männer nicht mehr weit weg sind. Das ist ein Riesenerfolg gegenüber Situationen, die wir vielleicht in den 60er, 70er Jahren noch hatten.
Enzo Weber: Und seitdem ist das wie an der Schnur gezogen nach oben gegangen. Das ist wirklich eine tolle Entwicklung. Aber es führt natürlich dazu, dass die Teilzeitquote steigt. Denn wenn wir uns die Situation von früher vorstellen Frau gar nicht erwerbstätig man sein Leben lang in Vollzeit. Ja klar, da messen Sie natürlich eine sehr niedrige Teilzeitquote. Je mehr Frauen dann in den Arbeitsmarkt reingehen und das dann häufig in Teilzeit tun, Desto höher ist die Teilzeitquote. Aber das heißt ja nicht, dass wir Erwerbsstunden verloren haben. Wir haben die gewonnen. Es wird ja mehr in Erwerbsarbeit geleistet. Dementsprechend darf man sich da nicht blenden lassen. Das Gleiche gilt für Studierende. Wenn die in den Arbeitsmarkt reingehen, sind das ja auch mehr Stunden. Aber sie erhöhen natürlich die Teilzeitquote. Und so steht Deutschland übrigens international auch da. Bei der Beteiligung von Frauen, da sind wir mittlerweile ganz oben angekommen. Echt top. Aber wenn man sich anschaut, wie berufliche Entwicklung dann weitergeht, sobald die Kinderphase einsetzt, dann müssen wir feststellen, dass wir in Deutschland da nicht top sind, sondern da knickt die berufliche Entwicklung ab.
Enzo Weber: Das heißt weniger Arbeitsstunden, aber auch einfach weniger Karriere am Ende. Und da treten die großen Verluste ein. Das heißt, dieses Alleinverdiener Modell, das hat sich erledigt. In Deutschland. Haben wir gut gemacht. Aber ja, heute haben wir das Zuverdienst Modell. Die Frau spielt normalerweise die zweite Geige beruflich in der Partnerschaft und das müssen wir auch noch erledigen. Und das kriegen wir auch noch hin. Da gibt es auch Hebel, da geht es ganz wesentlich um Kinderbetreuung, da geht es um flexible Arbeitszeitmodelle, da geht es auch um Anreize, Also Minijobs setzen zum Beispiel den Anreiz, da wirklich drin zu bleiben, weil die so schön brutto netto sind. Aber sie bauen einem natürlich eine Mauer in den Weg.
Christiane Preisen: Einmal wieder zurück zu den Generationen. Wie wird sich denn der Arbeitsmarkt und auch das Wirtschaftswachstum natürlich in der nahen Zukunft entwickeln? Also wenn die große Boomer Generation in Rente geht, das steht uns ja bevor. Wer die erste Frage und schiebt die zweite direkt hinterher. Apropos Boomer Welche Mythen sind denn eigentlich über diese Generation im Umlauf?
Enzo Weber: Also die Babyboomer, die sind in der Tat Hat gerade die zentrale Generation gerade noch im Arbeitsmarkt.
Enzo Weber: Die ersten sind schon in Rente und diese Jahrgänge sind einfach so viel stärker besetzt als alle anderen. Die folgen? Ganz einfach, weil wir seitdem eine Geburtenrate von 1,3 haben. Und jede Geburtenrate, die unter zwei liegt, führt dazu, dass jede Nachfolgekohorte kleiner ist als die Vorgängerkohorte. Und das kriegen wir jetzt zu spüren. Also wenn dieser Geburtenberg sich in die Rente schiebt, dann verlieren wir über 15 Jahre rein durch diesen Alterungseffekt 7 Millionen Arbeitskräfte in Deutschland. Das ist schon verdammt viel. Wird so nicht eintreten. Man kann davon natürlich was ausgleichen. Also Zuwanderung kann was ausgleichen. Und wenn sich in Deutschland noch mehr Menschen am Arbeitsmarkt beteiligen, was in der Vergangenheit schon gut geklappt hat. Also gerade bei Frauen und Älteren ist es immer mehr geworden. Aber wir werden einiges ausgleichen können. Aber die Schrumpfung steht uns jetzt bevor. Also nach unseren Prognosen wird tatsächlich das nächste Jahr das erste sein, in dem es wirklich weniger Arbeitskräfte in Deutschland gibt als im Vorjahr. Bisher war das noch immer gestiegen. Und dann ist die große Frage Was passiert eigentlich in schrumpfenden Gesellschaften? Das wissen wir eigentlich gar nicht so! Denn jahrzehntelang sind wir ja gar nicht geschrumpft.
Enzo Weber: Die Erfahrungen damit sind dünn. Wir haben aber mal in einer Studie und Daten für viele Länder international angeschaut seit dem 19. Jahrhundert und alle Schrumpfung sperioden rausgesucht und da mal genau analysiert, was ist denn da eigentlich passiert? Und da haben wir festgestellt, wenn die Gesamtbevölkerung oder Erwerbsbevölkerung schrumpft, dann steigen die Beteiligungsquoten. Also von den weniger Leuten, die man da noch hat, machen aber mehr am Arbeitsmarkt mit. Das ist ein Ausgleich. Und die Kapitalintensität steigt. Sprich pro Beschäftigten wird mehr Kapital, Maschinen, alles Mögliche eingesetzt. Das ist auch ein Ausgleich. Auf der anderen Seite. Man hört ja oft na ja, wenn es jetzt die Schrumpfung gibt, ist doch gut. Dann schrumpft uns auch die Arbeitslosigkeit weg. Nein, die Arbeitslosenquote sinkt leider nicht von alleine. Und auch die Löhne steigen leider nicht von alleine, nur weil es weniger Arbeitskräfte werden und die knapper werden. Aber da muss man schon was dafür tun. Heißt das, wenn wir jetzt auf die Boomer Generation gucken, die hatte schon so ein bisschen das gegenteilige Image von der heutigen Generation Z.
Enzo Weber: Deswegen lässt sich das jetzt auch so schön immer gegeneinander aufbauen. Also die hatte eher das Image, sehr strebsam, sehr arbeitsam zu sein, bis hin zum Schuften. Allerdings auch das Image. Na ja, so ein bisschen von Selbstsüchtigkeit auch Veränderungsresistenz, wird manchmal behauptet, über die 70er, 80er, 90er Jahre, tendenziell. Aber auch da ist es damit nicht so weit her. Man kann wirklich sagen, die Menschen innerhalb einer Generation, die unterscheiden sich immer voneinander weit stärker als die ganze Generation von einer anderen Generation. Also diese Fragen sollte man nicht zu hoch ziehen.
Christiane Preisen: Okay, vielleicht doch eine ganz persönliche Frage. Aus Ihrer wissenschaftlicher Sicht haben Sie da eine Lieblingsgeneration?
Enzo Weber: Ja, ja, persönlich ist natürlich mein Lieblings Jahrgang 1980. Also das ist der Allerbeste, das versteht sich schon.
Christiane Preisen: Das wäre dann. Was ist es denn? Ist das noch XY oder.
Enzo Weber: 1980 ist gerade noch XY.
Christiane Preisen: Sehr gut. Beste Generation auf jeden Fall. Herr Professor Weber, das war super spannend und wir merken auf jeden Fall, da gibt es viel zu tun.
Christiane Preisen: Auf was müssen sich denn die Unternehmen in Zukunft aufstellen? Also wir als REWE oder auch andere Unternehmen.
Enzo Weber: Also ich rate dringend dazu, sich wirklich genau anzuschauen, was ist denn tatsächlich der substanzielle Wandel, der eingetreten ist und was sind irgendwelche Luftnummer? Man muss nicht jeder hippen Diskussion irgendwie hinterherlaufen, die wieder behauptet, junge Leute wollen heute dies. Junge Leute wollen heute das. Usw. Sie müssen nicht überall einen Obstkorb und einen Kicker hinstellen, um es mal auf gut Deutsch zu sagen. Wenn ihre Leute das aber wollen, weil sie in der Pause gerne mal kickern, dann stellen sie halt einen hin. Aber nicht, weil irgendjemand das auf Social Media sagt. Also der substanzielle Wandel, der heißt zum Beispiel Selbstbestimmung. Also was wollen Menschen dann eigentlich so wirklich? Sie kümmern sich nicht um irgendwelche Gimmicks, die sie da irgendwo noch von ihrem Unternehmen präsentiert bekommen, sondern die wollen sehen, wie kann ich mit dem Job in meinem Leben mich gut entwickeln, das gut vereinbaren? Das sind substanzielle Fragen. Und da geht es zum Beispiel um Selbstbestimmung bei der Arbeitszeit.
Enzo Weber: Das sieht man ganz klar, wer da stärker selber regeln kann und nicht so sehr immer nur dem externen Druck ausgesetzt ist, der ist auch deutlich zufriedener. Heute geht es natürlich auch um den Arbeitsort, also die große HomeofficeWelle. Die rollte seit Corona jetzt und das wird nicht nur von den Jüngeren verlangt. Gut, natürlich, in Einzelhandelsjobs ist das oft nicht zu machen, aber dann kann man ja vielleicht bei der Arbeitszeit mehr versuchen auszugleichen. Und es geht auch um die Arbeit selber, also um die Arbeitsinhalte, wo man einfach mitgestalten möchte. Das sind Punkte. Wenn man das gemeinsam erarbeitet, dann hat man wirklich ein großes Plus.
Christiane Preisen: Das klingt doch auf jeden Fall sehr, sehr gut. Welche Tipps haben Sie noch? Also wenn ich jetzt mal bei uns in die Rewe gucke. Also wir haben ja alle Generationen von den ganz jungen Auszubildenden bis langjährigen Mitarbeitenden, die zum Beispiel Ende 60 sind. Welche Tipps haben Sie, um vielleicht auch Konflikte, die zwischen den Generationen, zwischen den Menschen auftreten, zu lindern?
Enzo Weber: Also ganz wichtig ist Erfahrungen sammeln, Konflikte, Vorurteile.
Enzo Weber: Die bestehen normalerweise gegenüber dem, was man nicht so kennt, womit man sich nicht so beschäftigt, nicht so in Kontakt kommt. Wenn man wirklich systematisch versucht, verschiedene Altersgruppen zusammenzubringen, auch in Teams, sodass man auch gegenseitig seine Stärken einsetzen kann. Der eine ist Digital Native, der andere hat schon wahnsinnig viel Erfahrung zum Geschäft gesammelt usw. Das hilft einfach enorm, weil es einfach solche unnötigen Grenzen dann auflöst Und man muss, wenn man fair sein will, man muss nicht alle identisch behandeln. Man muss nicht jedem und jeder dasselbe zukommen lassen. Das ist so ein Missverständnis. Oh, wenn ich nicht alle identisch behandele, dann kriege ich irgendwie Konflikte rein. Nein, darum geht es nicht. Man muss alle auf Augenhöhe mit gleicher Wertschätzung behandeln und sagen Ich nehme jeden und jede gleich ernst und kümmere mich um die Bedürfnisse. Aber das muss nicht immer in dem Identischen resultieren. Es kann durchaus auch am Ende unterschiedliche Dinge rauskommen, die aber einfach als gleichwertig und fair wahrgenommen werden. Das ist das Wichtige.
Christiane Preisen: Das war gerade eigentlich schon ein super Schlusswort, aber eine allerletzte Frage habe ich noch.
Christiane Preisen: Und zwar ihr wissenschaftlicher Blick in die Zukunft.
Enzo Weber: Also wenn man heute einen Blick in die Zeitung wirft, dann will man eigentlich gar nicht so über Zukunft nachdenken. Wir lesen ja ständig nur über Krisen, Entlassungen. Und so weiter. Trotzdem habe ich in den 20 Zehnern mal gesagt Wir sind eigentlich auf dem Weg zur Vollbeschäftigung. Und ich habe in den 2000 ern mal gesagt Die junge Generation wird die reichste Generation sein, die wir jemals hatten. Und diese Möglichkeiten, die gibt es auch, trotz aller Krisen, die unbestreitbar sind und auf die wir reagieren müssen. Nämlich wieder optimistischer, mutiger nach vorne zu gehen, Neues zu entwickeln, das ist im Moment das Entscheidende. Daran hakt es nämlich. Und die Chancen sind da. Und unsere Chancen, vor denen wir heute stehen, würde ich sagen, die sind sogar deutlich größer als zum Beispiel meine ich sag jetzt mal das Wort Generation, das gesehen hatte, als sie jung war. Also heute können wir klimaneutral werden, heute können wir Arbeit mit KI gestalten. Das sind enorme Möglichkeiten, an deren Rand wir gerade stehen.
Enzo Weber: Also dazu packen und sagen Wir hören mal auf mit dieser Verteidigungsmentalität, schauen immer nur nach hinten, welche Felle uns gerade irgendwie weggeschwommen sein könnten, sondern schauen mal nach vorne, welche Möglichkeiten wir eigentlich hatten, die es vorher nie gab. Und wenn wir das tun, dann würde ich sagen Vollbeschäftigung und reichste Generation. Das wird klappen.
Christiane Preisen: Herr Professor Weber, das war super spannend. Vielen herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Enzo Weber: Gern geschehen. Und alles Gute.
Christiane Preisen: Ja, und wir bedanken uns ganz herzlich bei euch, liebe Zuhörerinnen. Haben euch die Westside Stories gefallen? Dann abonniert uns, Folgt uns, klickt aufs Glöckchen, bewertet uns und teilt uns auf Social Media. Ihr findet uns überall da, wo es Podcasts gibt. Wenn ihr Fragen, Anregungen, Themen oder Vorschläge habt, schreibt einfach eine Email an podcastwestgroup.com. Wir hören uns wieder in zwei Wochen. Wir freuen uns drauf. Bis dahin eine gute Zeit und bleibt gesund und munter.
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